37. Rundgespräch: Unternehmer aus der Region berichten von erfolgreich ausgebildeten Flüchtlingen, aber auch von den Herausforderungen
„Ohne Deutschkenntnisse ist es fast unmöglich, eine Ausbildung zu machen. Dabei hilft es nicht besonders, wenn die Meinung besteht, man könnte auf dem Fußballplatz als ‚Ronaldo‘ Karriere machen. Nur mit harter Arbeit erreicht man den Abschluss“. Das war das Fazit von unserem Vorstandsmitglied, dem ehemaligen Unternehmer Franz Brichta, nach einer Stunde Podiumsdiskussion mit Unternehmern und Berufsschullehrern aus der Region auf dem 37. Rundgespräch am 24. Oktober 2019. „Die Ausbildung in Deutschland ist anspruchsvoller als in den meisten Herkunftsländern“, erklärte Brichta nach der Veranstaltung. „Allein die ‚Fachkunde Metall‘ aus meinem Fachgebiet beispielsweise ist ein 700 Seiten dickes Buch, das ein Industriemechaniker nach 3,5 Jahren im Kopf haben sollte.“ Die Mühe lohne sich aber auch: eine ausgebildete Fachkraft verdiene bis zu 35 % mehr als ein Ungelernter, und in Krisenzeiten verspreche der Berufsabschluss eine höhere Jobsicherheit.
Flüchtlinge oft genauso erfolgreich wie Deutsche
Rund 100.000 Euro koste eine drei- bis dreieinhalbjährige Ausbildung, erzählte Uwe Brink, bei Gartner verantwortlich für die Lehrwerkstatt. Für diese Investition erwarten die Unternehmen aber auch einiges: Engagement, Deutschkenntnisse und Durchhaltevermögen. Schulnoten seien wichtig, ergänzte Gartner-Personalchef Helmut Esser, entscheidend bei der Bewerbung seien jedoch Deutschkenntnisse und der persönliche Eindruck im Vorstellungsgespräch.
Davon, dass sich ihre Erwartungen erfüllt hatten, konnten der Optiker Uwe Brüning und der Metzgermeister Rudolf Schulz berichten. Bei einem Flüchtling in seinem Betrieb spüre er „keinen Unterschied zu den deutschen Azubis“, so Schulz, und Brüning erzählte von Eshetu Mamoe, der dieses Jahr seine Optikerprüfung erfolgreich ablegte, obwohl er in Eritrea nie eine Schule besucht hatte. Hier habe sich insbesondere die Unterstützung der Ehrenamtlichen positiv ausgewirkt. Unser 1. Vorsitzender und Koordinator Georg Schrenk warb daher erneut dafür, sich ehrenamtlich für die Berufsintegration von Flüchtlingen einzusetzen: „Es lohnt sich!“
Fehlendes Engagement und Klagen über Bürokratie
Doch es gab auch Kritik. Der Steinheimer Zimmerermeister Franz Graf berichtete von Durchfallquoten in Höhe von ca. 30 Prozent, und Tanja Meier vom Sanitätshaus Hilscher beobachtet mit Sorge, dass bei einem afghanischen Flüchtling in ihrem Betrieb eher die Freizeitaktivitäten im Mittelpunkt stünden. Reinhard Hickl von der Berufsschule Lauingen bestätigte, dass Fehltage ein großes Problem seien. Freizeit kann jedoch für die Integration auch förderlich sein: nämlich dann, wenn sie zusammen mit Einheimischen verbracht wird. Schrenk bedauerte an dieser Stelle einmal mehr, dass Angebote wie der Sprachtreff von den Dillingern kaum angenommen würden.
Ein weiteres großes Problem liegt oftmals gar nicht bei den Flüchtlingen selbst, sondern bei den Behörden. Das wurde deutlich, als in der anschließenden Fragerunde ein Flüchtling von seinem Briefkasten erzählte, der vollgestopft sei mit Behördenbescheiden insbesondere des Jobcenters, die er nicht verstehe. Schrenk pflichtete ihm bei, dass der Papierkram oft auch für Muttersprachler undurchschaubar sei und der nötige Mentalitätswandel in den Amtsstuben leider weiter auf sich warten lasse. Eine diesbezügliche Anfrage mit Verbesserungsvorschlang an den Präsidenten der Bundesarbeitsagentur blieb bisher ohne nachhaltige Änderungen. Immerhin hat die Große Koalition mit dem neuen Migrationsprojekt jetzt weitreichende Änderungen vorgenommen. Wir bedauern aber, dass wichtige Themen wie der Spurwechsel nicht angegangen wurden.