100 Zuhörer beim 24. Rundgespräch in Dillingen

Friede sei mit dir! Das war eine der Botschaften von Salah Arafat am 1. Februar. Friede zwischen den Kulturen ist Grundvoraussetzung nicht nur für die Lösung internationaler Konflikte, sondern auch für die Integration vor Ort.

Was passiert, wenn zwei verschiedene Kulturen aufeinandertreffen? Eine äußerst spannende Frage. Manchmal kommt es zu Missverständnissen, zu Konflikten gar, doch im Idealfall lernen beide voneinander.
Salah Arafat hat genau dies erlebt. Seit 40 Jahren lebt der gebürtige Palästinenser mit Sohn und Enkeln in Deutschland. Seit einigen Jahren gibt er seine Erfahrungen im Rahmen von Vorträgen weiter. So auch am 1. Februar 2018, als er auf Einladung der Unterstützergruppe „Asyl/Migration Dillingen a. d. D.“ e. V. vor 100 Zuhörern im Kath. Kirchenzentrum sprach. Das Thema: „Sitten und Gebräuche in der islamischen Welt“.

Der arabische Raum, erklärte Arafat zu Beginn, sei durch zwei Faktoren geprägt, die eng miteinander zusammenhingen: seine Religion, der Islam, und seine Kultur.

Islam als Hingabe an Allah

Die Kaaba in Mekka ist das Heiligtum der Muslime.
Beim Hadsch, der Pilgerfahrt nach Mekka, umrunden die Gläubigen die Kaaba, in die ein schwarzer Stein eingebaut ist. Foto (c) UmmSqueaky CC BY-NC 2.0 | flickr.com

Islam bedeute wörtlich „Hingabe“ oder „Unterwerfung“: Hingabe an Allah, ein Leben nach seinen Geboten. Dazu gehörten die fünf Säulen des Islams: das Glaubensbekenntnis, das regelmäßige Gebet, das Almosen, das Fasten im Ramadan und die Pilgerfahrt nach Mekka in Saudi-Arabien, die jeder Muslim einmal in seinem Leben absolviert – für jeden von ihnen ein ganz besonderes Ereignis.
Der Islam werde jedoch, genauso wie das Christentum, von unterschiedlichen Gläubigen unterschiedlich ausgelegt. Er gliedere sich in drei große Konfessionen: die Sunniten, welche die Mehrheit darstellen und Saudi-Arabien als Führungsmacht sehen, die Schiiten, welche hauptsächlich im Iran leben, und die Ibaditen, die fast nur im Oman leben. Der Streit drehte sich ursprünglich nur um die Suche nach einem legitimen Nachfolger für den Propheten Mohammed, doch vermischt mit weltlichen Großmachtinteressen ist die Spaltung zwischen Sunniten und Schiiten heute eine der Hauptursachen für die Spannungen im arabischen Raum. Weitere Ursachen sind europäischer Natur: koloniale Grenzziehungen wirkten bis heute nach, so Arafat.

Gastfreundschaft und Respekt: Die Kultur im arabischen Raum

Was die Kultur der Araber angeht, so handelte sich es um eine Gesellschaft, die von Respekt und Gastfreundschaft geprägt ist, aber auf von schwer zu durchschauenden und für einen Außenstehenden unverständlichen Hierarchien. Die traditionelle Begrüßung erfolgt mit dem „as-salam Alaykum“: Friede sei mit dir! Als höchste Ehre gelte eine private Einladung nach Hause, die aber mehrmals abgelehnt werden müsse, bevor man sie annehmen dürfe. Nettes Detail: verpackte Geschenke würden erst dann geöffnet, wenn die Gäste schon wieder gegangen sein.
Ganz allgemein herrschte im arabischen Raum ein anderer Umgang mit der Zeit. Die Pünktlichkeit lasse oft zu wünschen übrig, doch eine Ausrede wie „Ich habe keine Zeit“ sei undenkbar, so Arafat. Lieber schiebe man „familiäre Verpflichtungen“ vor, denn die Familie wird im Islam ebenfalls großgeschrieben.

Integration als Zweibahnstraße

Mit diesen und anderen kulturellen Unterschieden werden nicht nur arabischen Flüchtlinge konfrontiert, die nach Deutschland kommen, sondern auch Deutsche, die ihre neuen Mitbürger unterstützen möchten. Es sei daher besonders wichtig, so der 1. Vorsitzende und Koordinator der Flüchtlingshelfer, Georg Schrenk, in seiner Eröffnungsrede, dass ein beiderseitiger Austausch stattfinde. Er freue sich daher besonders, dass viele Behördenvertreter, vom JobCenter über die Asylsozialberatung und das Jugendamt bis hin zur Grundschule der Einladung zum Vortrag gefolgt seien. Der Verein vergesse allerdings auch nicht, den Neuankömmlingen ein Stück deutscher Kultur zur vermitteln: allein im vergangenen Jahr hätten dazu sechs verschiedene Veranstaltungen stattgefunden, darunter auch der Sprachtreff mit Themen wie Fasching und Weihnachten. Auch im neuen Jahr ist einiges geplant, wer hier tatkräftig mithelfen möchte, sei herzlich willkommen.

Die Begegnung zweier Kulturen, das wurde am Abend des 2. Februar deutlich, ist also eine Zweibahnstraße: beide müssen sich für den jeweils anderen interessieren, ihre Häuser und angestammten Filterblasen verlassen und sich dort treffen, wo Neues entstehen kann.

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