Griechische Flüchtlingslager evakuieren! Kinder, Jugendliche und Gefährdete sofort von Lesbos retten! Corona darf uns nicht die Notleidenden auf Lesbos vergessen lassen!

Offener Brief von Matteo zur Corona-Evakuierung des Flüchtlingslagers Moria auf Lesbos, Griechenland [Symbolbild. Quelle: wikimedia.com, Autor: Sam Zidovetski, CC BY 4.0]

Dillingen, den 10. April 2020

Der Vorstand der Unterstützergruppe "Asyl/Migration Dillingen a.d.D.". e.V. hat sich einem offenen Brief des Vereins Matteo-Kirche und Asyl e.V. an Ministerpräsident Dr. Markus Söder und den Landkreis Ansbach angeschlossen, der die sofortige Evakuierung der griechischen Flüchtlingslager auf der Insel Lesbos aus humanitären Gründen angesichts der Corona-Pandemie fordert.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Dr. Markus Söder, Sehr geehrter Herr Landrat Leo Schrell,

wir beobachten alle täglich die enormen Bemühungen unserer Politiker, alle notwendigen, lebensrettenden Maßnahmen in der Corona-Krise zu treffen. Ihnen gebühren unsere große Anerkennung und unser Respekt!

Im Zuge der immensen Herausforderungen, die die Corona-Epidemie mit sich bringt, dürfen aber die unbegleiteten Kinder und Jugendlichen und anderen besonders gefährdeten Menschen nicht vergessen werden, die unter katastrophalen Bedingungen einer Infektionswelle ungeschützt ausgesetzt wären. Es eilt! Wir dürfen nicht warten, bis die Infektion im Lager Moria auf Lesbos ausbricht.

Daher schließen wir uns dem Offenen Brief von Augsburger Flüchtlingshelfern an und bitten Sie, für eine schnelle Aufnahme besonders gefährdeter Menschen aus dem Flüchtlingslager auf Lesbos einzutreten. Sicherlich gibt es in vielen bayerischen Städten und Gemeinden eine hohe Bereitschaft, mitzuhelfen.

Das Coronavirus fordert gerade unser aller Aufmerksamkeit. Rücksichtnahme und Zusammenhalt, Hilfsbereitschaft und Solidarität werden in einem kaum zu erahnenden Ausmaß geleistet.

Während uns die Lösung der zweifelsohne immensen eigenen Probleme fordert, verschlimmert sich die humanitäre Not auf Lesbos und in weiteren Teilen Griechenlands unterdessen dramatisch. Es wird immer notwendiger, unsere Aufmerksamkeit auch wieder dorthin zu richten und Solidarität gegenüber Menschen in doppelter Not zu zeigen.

Dr. Maria Möller, eine Augsburger Ärztin, die im Sommer und Herbst letzten Jahres insgesamt 9 Wochen auf Lesbos Hilfe leistete, berichtet Erschütterndes. Ähnliches ist der Presse fast täglich zu entnehmen.

Kinder und Jugendliche werden in ihrer Seele zerstört und müssen um ihr Leben fürchten. Vergewaltigungen, Gewalt, Krankheiten, Unterernährung und Suizidversuche stehen auf der Tagesordnung und sind zum alltäglichen Bild geworden. Die Menschen warten zusammengepfercht, ohne Arbeitsmöglichkeit, ohne Schule und Betätigung ein bis drei Jahre auf ihre Anhörung. Und seit März wird das Asylrecht mit Füßen getreten.

Die Menschen sollen ohne Anhörung in die Krisengebiete abgeschoben werden, aus denen sie aus Angst um ihr Leben geflohen sind.

Die überfüllten Lager sind keine Plätze, in denen Kinder und Jugendliche als Nachkommen für eine friedliche Zukunft aufwachsen können. Die Zustände auf Lesbos überstiegen bereits im Herbst 2019 alle Befürchtungen. Können wir über diese alltäglichen Szenarien hinwegsehen?

Die Lage auf Lesbos hat sich seit Maria Möllers Einsatz keinesfalls entspannt. Während bei uns mit Recht der Katastrophenfall wegen des Coronavirus ausgerufen wurde und wir penibel auf Hygienemaßnahmen achten, teilen sich auf Lesbos über 160 Menschen eine Toilette, 240 eine Dusche und mehr als 1000 einen schlecht funktionierenden Wasseranschluss. Im einzigen Krankenhaus auf Lesbos ist allenfalls eine Notversorgung der Flüchtlinge möglich. Es geht hier nicht nur um Decken und Kälte, es geht um das nackte Überleben der Menschen auf den griechischen Inseln. Die EU nimmt diese Zustände tatenlos hin. Covid-19 könnte unter den gegebenen katastrophalen Umständen zur Todesfalle werden.

Wir schließen uns den Flüchtlingsinitiativen in vielen Städten Bayerns an und fragen: Können wir diese tickende Zeitbombe ignorieren?

Jugendhilfeeinrichtungen im Landkreis haben in vorbildlicher Weise seit 2015 Strukturen aufgebaut, um geflüchteten Menschen zu helfen. Helferkreise wie unserer haben Hilfsstrukturen aufgebaut. Fachkräfte, die zu Experten ausgebildet worden sind und in den letzten Jahren einen großen fachlichen Erfahrungsschatz im Bereich unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sammeln konnten, haben eine hohe Kompetenz entwickelt und eine bemerkenswerte Arbeit geleistet. Wir können an einem ganz anderen Punkt ansetzen als 2015. Und wir müssen Bereitschaft zeigen, diese Struktur zu nutzen für die dringend nötige humanitäre Hilfe. Auch der Landkreis Dillingen kann so einen Beitrag leisten und Kinder und Jugendliche von Lesbos aufnehmen.

Die EU hat im Rahmen der Koalition der Willigen die Aufnahme von 1500 Minderjährigen in ihre Länder beschlossen. Auch wenn diese Zahl nicht ausreicht, müssen jetzt vor allem schnell Taten folgen. Die Zeit läuft uns angesichts des hohen Infektionsrisikos davon. JETZT sollten auch wir einen Beitrag leisten und eine angemessene und leistbare Zahl an Kindern, Jugendlichen und weiteren besonders bedrohten Flüchtlinge retten, bevor es zu spät ist.

Wir bitten daher alle politischen Vertreter des Landkreises Dillingen, einen Beschluss zu fassen und sich als Landkreis mit seinen Städten und Gemeinden bereit zu erklären, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aus den überfüllten griechischen Lagern zu holen.

Darüber hinaus bitten wir Sie, sich für eine bundesweite Regelung zu einem Aufnahmeverfahren als Relocation-Programm in kommunaler Entscheidung sowie eine entsprechende Finanzierung durch die zuständigen Kostenträger einzusetzen.

Es ist notwendig, dass Bayern so schnell wie möglich auf ein Landesaufnahmeprogramm hinarbeitet, was laut eines Rechtsgutachtens der Anwaltskanzlei Redeker, Sellner und Dahs möglich ist. Das ist nur mit Nachdruck und der Bereitwilligkeit der Kommunen zu schaffen. Wir bitten die Städte und Gemeinden des Landkreises, durch die Bereitstellung freier Plätze in Jugendhilfeeinrichtungen ihre Bereitschaft an die Landesregierung zu signalisieren und damit einen Beitrag zur Rettung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge zu leisten.

Es gibt sehr viele Menschen in den Lagern, die keine Gegenwart und keine Zukunft haben und die ganz akut von lebensgefährlichen Folgen der Corona-Epidemie bedroht sind!

Die Flüchtlingslager auf Lesbos müssten dringend vollständig evakuiert werden und das, bevor dort die Coronavirus-Epidemie ausbricht.

Wir müssen umgehend zumindest unseren kleinen, ohne großen Aufwand machbaren Beitrag an Hilfe leisten!

Vielen Dank für Ihre Mithilfe.

Das Original des offenen Briefes finden Sie hier.

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