Das Deutsche besitzt zahlreiche arabische, persische und türkische Fremdwörter.

„Es gibt nichts, was wir vom Islam lernen können“. Und deswegen sollen die Flüchtlinge bitteschön sprichwörtlich dort bleiben, „wo der Pfeffer wächst“, denn „der Islam gehört nicht zu Deutschland“. Solche Sprüche sind oft zu hören. Würde man sie konsequent umsetzen, dann müssten wir auf sehr viele alltägliche Dinge verzichten, die wir heute für selbstverständlich halten. Eine kleine Liste der Ausländer unter uns von JAN DORIA.

Die Spuren vergangener Migrationsbewegungen

Migration ist der menschheitsgeschichtliche Normalfall. Das fängt schon damit an, dass die ersten Exemplare der Gattung homo sapiens von Afrika aus die Welt erobert haben sollen. Das wird aber auch deutlich, wenn man einen genaueren Blick auf die deutsche und europäische Geschichte wirft. Die Vorstellung, dass die deutschen Grenzen für alle Aus- und Einwanderer früher geschlossen gewesen sein sollen und erst 2015 geöffnet wurden, ist eine Illusion. Schon früher gab es Einwanderungswellen, wie nach dem 2. Weltkrieg die Heimatvertriebenen und im 17. Jahrhundert die französischen Hugenotten. Und Auswanderungswellen, wie im 19. Jahrhundert in die heutige USA und verschiedene Länder Südamerikas. Selbst das „finstere Mittelalter“ blieb von kulturellem Austausch nicht verschont: in Andalusien lebten Juden, Christen und Muslime jahrhundertelang friedlich zusammen und pflegte eine intensive kulturelle Austauschbeziehung, und ohne die arabischen Übersetzungen der griechischen Philosophen wäre das Wissen der Antike verlorengegangen, die europäische Renaissance unmöglich gewesen.

Die Spuren dieses Kulturkontakts bemerken wir heute noch in unserem Alltag: in den arabischen, persischen und türkischen Fremdwörtern, die das Deutsche bereichern und zumeist Dinge bezeichnen, die es ohne Kulturkontakt nicht gegeben hätte. Das zeigt: Wo Menschen ihre Komfortzone verlassen, sich austauschen, entsteht, bei allen Problemen, dauerhafte sprachliche, kulturelle, soziale, technische und wirtschaftliche Innovation. Migranten sind zum Beispiel häufigere und bessere Unternehmensgründer als Deutsche: sie haben kein Sicherheitsnetz, sondern müssen sich zuerst etwas Neues aufbauen – und werden dadurch kreativ.

Rund ein Viertel der Wörter im Duden sind Fremdwörter, der Durchschnittsdeutsche kennt ungefähr 3.500 von ihnen. Oftmals sind sie schon seit Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten Bestandteil unserer Sprache, sodass wir sie schon lange nicht mehr als solche erkennen. Eine kleine Liste an Fremdwörtern, mit einem besonderen Fokus auf die Regionen, aus denen unsere Flüchtlinge kommen.

Und morgen?

Diese Auflistung zeigt zweierlei: dass Sprache nicht in Stein gemeißelt ist, sondern sich immer wieder verändert, neu zusammensetzt, wandelt, den neuen Umständen anpasst. Und dass manches, was früher einmal als „scheiß Ausländer!“ galt, heute so selbstverständlich Teil unseres Alltags ist, dass wir nie im Leben einen ausländischen Ursprung vermuten würden.
Vermutlich wird es mit den Gegenständen, Gerichten, Gebräuchen und Gewändern, welche die Geflüchteten zu uns bringen, eines Tages genauso laufen. Die deutsche Sprache wird sich weiter verändern, wird neue Fremdwörter aufnehmen, und dafür alte Fremdwörter aufgeben. Umgekehrt werden vielleicht auch die Herkunftssprachen deutsche Wörter in ihren Wortschatz integrieren. Und eines Tages wird es so normal sein, Falafel zu essen, wie es heute normal ist, Spaghetti zu kochen.

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